Das Eisenbahner-Gen
Vor vier Jahren hat VorOrt... das erste Mal über Modelleisenbahner Ralf Harder aus Wiemelhausen berichtet. Womit der heute 66-Jährige sicherlich nicht gerechnet hat: Mit Schüler Julian Fuchs, der auch noch im selben Stadtteil wohnt, hat die Szene tatkräftigen „Nachwuchs“ bekommen. Im März gab es ein erstes Treffen von „Altmeister“ und „Lehrling“.
Ein „Greenhorn“ ist Julian allerdings nicht. Das „Eisenbahner-Gen“ wird auch in seiner Familie seit Generationen vererbt. „Ich war drei, als mein Opa das erste Mal seine Modelleisenbahn für mich aufgebaut hat“, sagt der Schüler der Matthias-Claudius-Schule. Danach waren Großvater und Enkel ein eingeschworenes Team.
Zwei bis drei Mal wurde die Modelleisenbahn pro Jahr aufgebaut – im Wohnzimmer, auf einer Antirutschmatte für Teppiche. „Die durfte immer sieben Wochen lang stehen bleiben.“ So sei es mit der Oma abgesprochen gewesen. Außerdem wurden immer wieder Ausflüge gemacht: zum Eisenbahnmuseum in Dahlhausen, zu Messen und Märkten. Dort wurde auch das erste eigene Zubehör gekauft, vom Taschengeld natürlich. Ganz allein war Julian dabei allerdings nicht. Einer seiner besten Schulfreunde ist ebenfalls schon lange mit dabei. Und auch seine Mutter teilt die Begeisterung für Modelleisenbahnen.
Nach dem Tod des Opas im Jahr 2015 ist der heute 15-Jährige weiter zu seiner Oma gegangen, um dort mit der Modelleisenbahn zu experimentieren. „Wir wollten die Sachen ja nicht verstauben lassen.“ Im vergangenen Sommer dann der Glückfall: Die Eltern erlaubten Julian, sich auf dem Dachboden ein eigenes Reich zu schaffen. Die Dachschrägen wurden neu verkleidet, dann konnte es auch schon losgehen. Der erste Schritt war der Bau der Unterkonstruktion. Knapp 14 Quadratmeter sind es geworden, in U-Form. Mit Hilfe des Vaters, Tischlermeister von Beruf, war das kein Problem. Der nächste Schritt die Technik. „Ich habe mir sehr viele Gedanken gemacht“, sagt Julian. „Was mich vor allem interessiert, ist das Bahntechnische – nicht die Landschaft.“ Dabei gilt: Der Weg ist das Ziel. Rund fünf Jahre plant der Schüler, bis alles annähernd fertig sein soll. „Eigentlich werden Modelleisenbahner aber nie richtig fertig...“
Ein Eisenbahnmuseum soll am Ende dazugehören, ein Ausbesserungswerk, ein Rangier- und ein Schattenbahnhof, auf dem die Züge abgestellt werden können. Die Hauptstrecke ist zweigleisig geplant. Ein paar wichtige Tipps hat sich der 15-Jährige schon bei Harder geholt. Über den Bau von Steigungen zum Beispiel, über das zeitgleiche Fahren mehrerer Züge auf einer Strecke oder über den Anlagenbau an sich. Bei der Technik setzen die beiden Modelleisenbahner aus Wiemelhausen allerdings auf unterschiedliche Systeme. Harder fährt im Analogbetrieb und mit Gleichstrom, Julian setzt auf Digitalsteuerung und Wechselstrom. Was beide vereint: Sie sammeln ihre Züge nicht nach Epochen, sondern nach Authentizität. Alle Züge sind auch im „echten Leben“ auf der Schiene gewesen. Bis auf die unendlich vielen Spezialwaggons des Großvaters vielleicht. Der war nämlich auch noch Bierwagensammler.