Ein „Kloster“ in der ersten Etage
Schwestern der Ordensgemeinschaft vom Heiligsten Erlöser wohnen in der Franziskusstraße
Ihr „Kloster“ ist etwa 110 qm groß, hat vier Zimmer, eine Küche sowie Diele und Bad und befindet sich in der 1. Etage eines Wohnhauses in der Franziskustraße. Hier leben die drei Missionsschwestern Paula Straub, Franziska Kaupp und Ulrike Schnürer seit Mai diesen Jahres. „Unsere Niederlassung im Ruhrgebiet“, sagt Schwester Ulrike schmunzelnd – denn das eigentliche Kloster steht in Stadl, einem kleinen bayrischen Örtchen, östlich von München, wo die Missionsschwestern vom Heiligsten Erlöser zu Hause sind.
Hier in Weitmar mietete der Orden von der Pfarrei St. Franziskus eine Wohnung, in der die drei, wie Weihbischof Ludger Schepers es scherzhaft nannte, „eine Ordens-WG“ gründeten.
Wie sind denn die drei Nonnen im Ruhrgebiet gelandet - und warum überhaupt? „Eine lange Geschichte“, erzählt Schwester Ulrike, die zunächst über die Hintergründe der Ordensgemeinschaft aufklärt. Die Frauengemeinschaft hat ihren Hauptsitz in Bayern, insgesamt gibt es weltweit ca. 120 Schwestern, die nicht nur in Deutschland, sondern auch in Japan, Bolivien, Chile, Österreich und der Ukraine tätig sind. Die 57 Jahre alte Schwester Ulrike entschloss sich mit Anfang 30, nach Schule und Studium, „alle Brücken abzubrechen“. Sie gab Auto, Wohnung und Beruf auf, um dem Orden beizutreten. Dort legte sie, wie jede Ordensfrau, das Gelübde des Gehorsams, der Ehelosigkeit und der Armut ab und war fortan glücklich. „Ich habe mich immer nach einer solchen Gemeinschaft gesehnt“, gibt sie zu, „alleine zu beten fand ich schon immer nicht so gut.“
Ihre Mitbewohnerinnen, Schwester Paula sowie Schwester Franziska, hatten ähnliche Beweggründe. Schwester Paula, inzwischen schon 75 Jahre jung, hatte mit bereits 22 Jahren den Weg zum Orden gefunden, war danach 18 Jahre lang n Südamerika, sechs Jahre in der Ukraine und fast ein Jahrzehnt lang Generaloberin.
Sie ist – unüberhörbar – die einzige, die aus Bayern stammt. Schwester Franziska, mit 47 Jahren die Jüngste in der „WG“, hatte sich nach ihrer Handwerksausbildung zur Stickerin mit 23 Jahren einer Ordensgemeinschaft angeschlossen. Aus verschiedenen Gründen wechselte sie nach Jahren die Gemeinschaft und trat zu den Missionsschwestern über. Eigentlich unüblich, aber kirchenrechtlich erlaubt. Nach einer Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin arbeitete sie in einer Einrichtung mit psychisch Kranken.
Diese drei Schwestern haben sich nun also zusammen gefunden. Vor allen Dingen Schwester Ulrike war die treibende Kraft, ins Ruhrgebiet zu kommen. „In München kennt uns jeder, hier fast keiner“, sagt sie, die schon einmal hier gearbeitet hat. Das war Anfang der 1990er Jahre in einer inzwischen geschlossenen Niederlassung in Dorsten. „Ich wollte gerne wieder im Pott arbeiten.“
Auf eine entsprechende Anfrage beim Bistum Essen bat das Bistum: „Geht in die Hustadt.“
Dort arbeiten sie jetzt unter dem sozial-pastoralen Aspekt. „Wir sind da, wenn andere schon nicht mehr da sind“, erklärt Schwester Ulrike ihr Tun. „Wir gehen auch abends auf den Spielplatz, wenn alle Einrichtungen geschlossen haben.“ Darin sehe sie die Hauptaufgabe: Da zu sein für die Menschen, „präsent zu sein.“
Zwar kommt der Orden für den Lebensunterhalt der Schwestern auf, zahlt Miete, Nahrung und andere Dinge des täglichen Lebens, aber sie tragen finanziell auch ihren Teil bei. Schwester Ulrike arbeitet in der Pfarrei St. Franziskus als Gemeindereferentin. Schwester Franziska ist die ganze Woche in Recklinghausen in der Gastkirche tätig, wo eine Kommunität aus verschiedenen Ordensleuten zusammenlebt, die ansprechbar ist für Menschen in Not oder die von Obdachlosigkeit betroffen sind. Donnerstag, ihren freien Tag, verbringt sie mit ihren Mitschwestern in Weitmar.
Und selbst Schwester Paula ist noch zwei Nachmittage die Woche im DRK-Heim an der Holtbrügge aktiv, genauso wie in der Bahnhofsmission und bei Seniorentreffen der Gemeinde. „Füße hochlegen und zuschauen? Das wäre nichts für mich“, sagt die 75-Jährige.
Inzwischen haben es sich die drei Frauen in ihrer Wohnung gemütlich gemacht. Mangels „Kapelle“ sitzen sie im Wohnzimmer um den Tisch und beten. „Unsere liturgische Ecke“, meint Schwester Paula und lächelt zufrieden.