Einsatz für Menschen mit Down-Syndrom
Verband für Geräteturnen gegründet - Ehrung für Dietrich Spiegel in England
Felix ist zehn und zählt zu den Kindern, die sich regelmäßig zum Geräteturnen treffen. „Dafür hat er sich immer interessiert“, sagt sein Vater. „Er wollte schon immer gerne turnen.“ Doch so einfach war das alles nicht.
Felix gehört zu den Menschen, die mit dem Down-Syndrom geboren wurden. Erst seit rund einem Jahr kann er regelmäßig trainieren. Vielleicht fährt er ja irgendwann sogar mal zu einem internationalen Wettkampf. Möglich wär’s – zumindest schon mal organisatorisch. Und das ist vor allem auch Dietrich Spiegel aus Wiemelhausen zu verdanken. Auf seine Initiative ist im August der bundesweite Dachverband „Down Syndrom Geräteturnen Deutschland e.V.“ gegründet worden. Damit kann Deutschland erstmals Menschen mit Down-Syndrom zu internationalen Wettkämpfen schicken. Dass das vorher nicht möglich war, ist eigentlich kaum zu glauben. Gerade mal ein Jahr ist es her, dass Bochum die Turn-Weltmeisterschaften für Menschen mit Down-Syndrom ausgerichtet hat. Die Sportler kamen aus aller Welt – nur nicht aus Deutschland. Warum nicht? Weil es keinen Verband gab, der sie hätte anmelden können.
Felix ist Teil der Kindergruppe, die von Dietrich Spiegel trainiert wird. Der ehemalige Lehrer und langjährige Stützpunktleiter des Turnzentrums Bochum-Witten an der Harpener Heide 5 ist begeistert. „Turnen ist eine absolute Basissportart.“ Gerade auch für Kinder mit Down-Syndrom. Alles werde gefördert: Konzentrationsfähigkeit, Koordination, Kraft. Außerdem gehe es natürlich auch immer darum, sich etwas zuzutrauen. Und dann die große Empathie. „Das ist auch eine emotionale Sache. Die Kinder sind einfach unwahrscheinlich liebenswert.“ Wie alles begann? Dafür muss man wohl bis ins Jahr 1972 zurückblicken. Damals war Spiegel für zwei Jahre als Assistenzlehrer in Schottland. Und dann ging auch schon alles los. „Ich wurde blitzschnell zum Jugendnationaltrainer ernannt, fuhr mit meinen besten Leuten zu Lehrgängen nach England.“ Dort kam er nicht nur erstmals mit den besten englischen Nachwuchsturnern in Kontakt, sondern lernte auch Trevor Low kennen. Low, ebenfalls Ex-Turner, wurde nicht nur zu einem guten Freund, sondern hat vor rund 20 Jahren auch die erste Turngruppe für Down-Syndrom-Kinder gegründet. Und er war es schließlich auch, der Bochum als Ausrichter der Turn-WM 2018 ins Gespräch brachte. Mit der Gründung des Dachverbandes „Down Syndrom Geräteturnen Deutschland e.V.“ ist nun der nächste Schritt gemacht. Jeder Turnverein kann dort Mitglied werden und seinen Down-Syndrom-Aktiven damit erstmals die Möglichkeit bieten, an internationalen Wettkämpfen teilzunehmen. Beim Deutschen Turnerbund ist man bereits aufmerksam geworden. „Ich hoffe, dass sie uns nun schnell angliedern, damit wir bekannt werden.“ Denn der nächste wichtige Termin steht schon vor der Tür: das Deutsche Turnfest in Leipzig. „Da wollen wir hin.“
Für sein großes Engagement wird Spiegel am 21. September nun auch eine große Ehrung zuteilwerden. Er ist nach Meriden, West Midlands in Großbritannien eingeladen worden – für eine Ehrung der Nik Stuart Foundation, die sich zum Ziel gesetzt hat, das Leben von jungen Menschen zu verbessern. Stuart (1927-2002) selbst gilt als einer der besten britischen Turner aller Zeiten. Dort ist er als „Mr. Gymnastiks“ so etwas wie eine nationale Legende geworden. Die Nik Stuart Foundation zeichnet einmal im Jahr Menschen aus Großbritannien und aller Welt aus, die sich besonders um junge Menschen verdient gemacht haben. „Meine Ehrung hat sicherlich etwas mit der Ausrichtung der WM zu tun“, so Spiegel. Eine Rede muss er natürlich auch halten. Doch das sollte ihm als ehemaligen Englisch-Lehrer an der Graf-Engelbert-Schule und dem Heinrich-von-Kleist-Gymnasium nicht allzu schwer fallen...
Bis dahin kümmert er sich an der Harpener Heide weiter um seine Down-Syndrom-Kinder und um seine andere Kinder- und Jugendturngruppe.