In Dahlhausen verwurzelt
Das St. Josefs in Linden erreicht Ende September das endgültige Aus. Das ist für viele eine traurige Nachricht. Auch für Günter „Günni“ Judith, der fast sein halbes Leben lang mit dem Krankenhaus verbunden war. Mit seinem Verkaufswagen war Günni an der Axstraße eine Institution. Der Dahlhauser hat eine bewegte Lebensgeschichte hinter sich und ist auch mit seinen 70 Jahren noch im Viertel aktiv.
Günni hat in zwei ganz verschiedenen Bereichen gearbeitet, bevor er zum Josefs kam. Beide Male musste er seinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgeben: Erst wegen einer Allergie als Bergmann unter Tage im Dahlhauser Tiefbau, dann als Dachdecker. Nach einem Sturz aus 14 m Höhe landete er mit schweren Verletzungen im St. Josefs. „Da bin ich dem Tod gerade noch von der Schippe gesprungen“, erinnert er sich. Das Krankenhaus verließ er schnell und kehrte doch wieder dorthin zurück, um sich als Aufzugführer zu bewerben. Seitdem war er dort nicht mehr wegzudenken.
Insgesamt 31 Jahre lang, bis zu seiner Rente und darüber hinaus, blieb Günni am Josefs. Als es den Beruf als Aufzugführer nicht mehr gab, kümmerte er sich um den Patientenservice und war der Mann für alle Fälle. Legendär war sein „Günnimobil“, ein Verkaufswagen, mit dem er die Patienten versorgte. Dabei verbreitete er nicht nur Heiterkeit, sondern kümmerte sich auch um die Nöte der Menschen. „Das waren schöne Zeiten, die ich nicht missen will. Das St. Josefs war ein Teil von mir und wird es immer bleiben“, sagt er.
Wenn Günni an die alten Zeiten zurückdenkt, funkeln seine Augen auf. Wenn es um die Schließung geht, schüttelt er den
Kopf. „Am Ende war es leider eine Frage des Geldes. Das tut schon weh.“ Doch Günni hat in seinem Leben zu viel erlebt, um
sich groß aufzuregen.
2018 hörte er im Josefs auf, aus gesundheitlichen Gründen und um Zeit mit seiner Frau zu verbringen.
Im vergangenen Jahr musste er ihren Verlust verkraften. Die Familie hat ihm geholfen, wieder nach vorne zu schauen.
Günni ist im vergangenen Jahr Großvater geworden, der Enkel lenkt ihn ab. „Der Junge ist nur am flitzen, das ist super. Ich
kann dabei zwar wegen meiner Knochen nicht mehr ganz mithalten, aber dafür punkte ich als Vorleser und Erzähler“, sagt
Günni und lächelt: „Die Familie ist eng zusammen gerückt.“ In der Corona-Zeit musste er auf seinen Enkel vier Monate
verzichten, jetzt sind wieder regelmäßige Besuche eingeplant. Zu seinem Sohn nach Porta Westfalica zu ziehen, kann sich
Günni jedoch überhaupt nicht vorstellen. Hier im Ortsteil hat er viele soziale Kontakte und ist auch nach wie vor engagiert, ob
beim VfL-Fanclub „Eagles Dahlhausen“ oder bei der SPD, wo er gerade für 40-jährige Mitgliedschaft ausgezeichnet wurde. „Ich bin hier in Dahlhausen verwurzelt. Mein Sohn hat eingesehen, dass ich nicht zu verpflanzen bin.“