Falken sollen im Kirchturm nisten

Vorbilder gibt es aus ganz Deutschland. Jetzt hat auch die St. Johannesgemeinde in Wiemelhausen ihren Kirchturm als Lebensraum entdeckt. Ganz oben, in schwindelnder Höhe, entsteht ein Nistplatz für Turmfalken. Wann das erste Pärchen einziehen wird, ist allerdings völlig ungewiss.
Nach Angaben des NABU, der das Projekt im Kirchviertel tatkräftig begleitet und unterstützt, kann es bis zu zehn Jahre dauern, bis die neue Nistmöglichkeit wahrgenommen wird. Die Idee entstand nach der Ausstrahlung einer Dokumentation auf WDR5.
Über Jahrhunderte hätten Kirchtürme Turmfalken sichere Nistplätze geboten, hieß es dort. Inzwischen seien jedoch viele Türme abgedichtet, um Tauben abzuhalten. Das gilt übrigens auch für St. Johannes. Dort sind die „Klangschlitze“ im Kirchturm mit einem dichten Maschendraht versehen. Was auch grundsätzlich so bleiben soll. Tatschlich müssen nur zwei Bretter (14 x 44 Zentimeter) entfernt und der Draht in diesem Bereich aufgeschnitten werden. Der Nistplatz wird dann von innen bündig dagegengeschraubt.
Dabei handelt es sich um eine Holzkiste, die vom NABU gebaut und bereits über die steile Leiterkonstruktion an Seilen hoch in den Kirchturm gezogen worden ist. „Wenn sie montiert ist, steht dem Einzug nichts mehr im Wege“, freut sich Stephani Adams aus der Gemeinde.
Ausgewählt wurde die dem Mittelschiff zugewandte Turmseite. Etwaige Kotspuren, die im Fachjargon „Schmelz“ genannt werden, würden dort weniger auffallen. Nach Angaben des NABU würden sie allerdings auch immer wieder vom Regenwasser fortgespült werden. Auch mit einer schnellen Verschmutzung des Nistplatzes sei nicht zu rechnen. Turmfalken sollen nicht die Angewohnheit haben, ihr Nest auszupolstern oder zu verdrecken. Unterhalb des Einschlupfes soll allerdings auch noch eine Leiste angebracht werden.
Das Läuten der Glocken wird die Raubvögel wohl nicht stören. Das zeigen zahlreiche Beispiele an anderen Kirchtürmen. Auch in St. Franziskus (Weitmar) sollen sich bereits Turmfalken angesiedelt haben. „Vielleicht kommen die Jungen dann im nächsten Jahr zu uns“, hofft Adams.
Tatsächlich haben sich Turmfalken hervorragend an das Leben in Siedlungsräumen angepasst. Das zeigt schon ihr deutscher Name. Ursprünglich haben sie nämlich in alten Baumhöhlen genistet. Wer sie schon einmal in der Luft beobachtet hat, wird den Anblick wahrscheinlich nicht so schnell wieder vergessen. Turmfalken haben eine Flügelspannweite von rund 75 Zentimetern und können praktisch auf der Stelle fliegen, wenn sie auf Beutejagd sind. Die Geschlechter lassen sich übrigens ganz gut durch die Kopffärbung unterscheiden: Beim Männchen ist der Kopf grau, beim Weibchen rotbraungefiedert.
Um die Brut später auch aus nächster Nähe beobachten zu können, wird bereits daran gedacht, auch eine Webcam im Kirchturm zu installieren. Dann wären die Live-Bilder über das Internet abrufbar. In der Gemeinde St. Johannes ist man auf jeden Fall schon ganz gespannt. Dort heißt es: „Die Ansiedlung eines Turmfalken-Pärchens wäre auch ein – wenngleich ziemlich kleiner – Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung.“