Die Normalität des Andersseins

In der Arche sind alle Kinder willkommen - Die Grenzen verschwimmen
Kurz vor acht Uhr morgens in Weitmar-Bärendorf. Die „Kinderarche“ hat ihre Pforten schon geöffnet. 82 Kinder strömen nach und nach in das große, helle Gebäude an der Langen Malterse. Viele von ihnen sind hellwach, manche sind noch müde und blinzeln verschlafen. Auch das 14-köpfige Betreuer-Team ist schon im Einsatz und begrüßt die kleinen Ankömmlinge mit offenen Armen und einem Lächeln im Gesicht. Die gemalten Strophen des Regenbogenliedes hängen an den Wänden der Treppe, die direkt in den Frühstücksbereich führt. Sie sind ein schönes Sinnbild für die Kinder, die sich hier früh morgens mit Trinkflasche und Butterbrot an den Tischen tummeln. Verständigungsschwierigkeiten oder gar Ausgrenzung gibt es nicht. Ein kleiner Junge, der etwas stiller ist als die anderen, beißt in sein Frühstücksbrot. Erst auf den zweiten Blick wird seine körperliche Beeinträchtigung sichtbar. Die Kinderarche ist eine Kita für alle. Für Kinder mit und ohne Beeinträchtigung, für Kinder aller Nationalitäten und aus den verschiedensten Lebenssituationen.
Inklusion, was aus dem lateinischen wörtlich übersetzt „Zugehörigkeit“ bedeutet, meint, dass jeder Mensch, ob mit oder ohne Behinderung, überall dabei sein kann. In der Schule, am Arbeitsplatz, in der Freizeit und natürlich auch schon in der Kita. In der Kinderarche wird dieser Ansatz der Inklusion schon seit geraumer Zeit gelebt. Unterstützend beschäftigt die Kinderarche eine „Fachkraft für Integration“. Sie trägt dazu bei, den Alltag in der Kita so zu gestalten, dass jeder davon profitiert. Unabhängig von Behinderung, Hautfarbe oder Sprache. Jedoch entsprechend dem jeweiligen Entwicklungsstand.
„Für unsere Kinder ist es normal, dass andere anders sind“, erklärt Leiterin Nora Kopischke, während das Geräusch von trippelnden Füßchen und Kinderlachen auf den Fluren zu hören ist. Das Frühstück ist beendet und nun wird im morgendlichen Kreis gesungen, geklatscht und gespielt. Was ist „normal“, was ist „anders“? In der Kinderarche verschwimmen diese Grenzen und sind für den Außenstehenden kaum wahrzunehmen.
Ein Grund, warum sich viele Eltern bewusst für die Kinderarche entscheiden. Der Nachwuchs soll sich auch im späteren Leben in einer vielschichtigen Gesellschaft zurechtfinden, diese akzeptieren und achten. Wie es dann um die Inklusion an Schulen bestellt ist, das steht auf einem anderen Blatt. Denn noch ist es so, dass die meisten Kinder mit körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung nach ihrer Kita-Zeit auf spezielle Schulen gehen – und nicht, wie es das Inklusions-Konzept vorsieht, mit anderen zusammen, auf „normale“ Regelschulen. Und das wird auch noch eine Weile dauern. Selbst im Kindergarten ist der Inklusions-Prozess noch nicht abgeschlossen.
Bleibt zu hoffen, dass das Thema Inklusion zu einer guten Umsetzung findet. In einer Inklusion, die Grenzen aufbricht, Hürden und Barrieren abbaut. So wie in der Kinderarche, in der auch eine Mitarbeiterin mit körperlicher Beeinträchtigung beschäftigt ist.
Info: Kinderarche, Lange Malterse 28a, Tel. 0234 - 43 21 04; www.kinderarche-weitmar.de