„Eine tolle Entwicklung“

Der Oberbürgermeister Thomas Eiskirch im exklusiven Interview
Am 21. Oktober trat Thomas Eiskirch als Oberbürgermeister seinen Dienst an. Die ersten 100 Tage im Amt sind vorüber. Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen. VorOrt sprach mit dem obersten Bürger der Stadt.
Wie fällt Ihr Fazit nach den ersten Monaten als Oberbürgermeister aus?
Die Arbeit macht richtig Freude. Hier sind viele, viele Menschen, die Lust haben, etwas Neues zu gestalten. Es gibt auch ein paar Dinge, die ja nicht schlecht angefangen haben, wie beispielsweise, dass sich mit Vonovia ein DAX-Unternehmen entschieden hat, in der Stadt zu bleiben. Das war nicht so einfach, wie es vielleicht aussieht. Da haben die Nachbarstädte or-dentlich mitgerungen.
Apropos Wettbewerb unter den Kommunen: Bochum als eine fahrradfreundliche Stadt ist ein Ziel. Ist Bochum da auf einen guten Weg?
Ja, sehr sogar. Nehmen Sie den Neveltalradweg, den Radweg Rheinischer Esel oder den Springorum-Radweg. Der Springorum-Radweg endet derzeit in Weitmar, doch wenn der Durchstich unter der Hattinger Straße erfolgt ist, haben wir ein spannendes und neues Radverkehrsnetz, das aus verschiedenen Wegen besteht. Das ist eine tolle Entwicklung und wird jetzt schon prima angenommen. Nur ganz wenige Städte haben in so kurzer Zeit einen solchen Qualitätssprung im Radverkehrsbereich gemacht. Außerdem erfolgt auch noch die Verlängerung der Erzbahntrasse von der Jahrhunderthalle über Eppendorf. Der Trend hin zum Radverkehr ist eindeutig.
Es gibt in Weitmar und Eppendorf scheinbar auch einen Trend zu immer mehr Neubauten für Familien mit Kindern. Nach den ganzen Schulschlie-ßungen: Wird es irgendwann zu wenig Schulen für zu viele Kinder geben?
Erst einmal bin ich sehr froh, dass in Bochum wieder gebaut wird. Da muss noch mehr erfolgen, denn es kommen immer mehr Menschen zu uns und wir haben eine sehr niedrige Leerstandsquote. Wir werden deswegen im Februar zu einer ersten Investorenkonferenz einladen, um preiswerten und schnell zu errichtenden Wohnungsbau zu erreichen.
…und die Schulen?
Das Thema ist immer eines, das man im Blick haben muss. Ich würde im Moment nicht so weit gehen, dass wir massive Auswirkungen haben und in einem Stadtteil plötzlich eine neue Schule brauchen. Aber, wie gesagt, wir werden es im Blick behalten.
Die Bürger sollen die Möglichkeiten erhalten, mehr bei der Gestaltung mitarbeiten zu können, die Gesellschaft soll offener werden. Wie wollen Sie das erreichen?
Wir möchten eine Stadt sein, in der jeder, der etwas Neues ausprobieren möchte, dazu die Möglichkeit hat. Er soll wissen: Da ist eine Stadtgesellschaft und –verwaltung, die offen ist und sich auf neue Wege einlässt. Das heißt nicht, dass jeder neue Weg auch klappt. Aber die Lust zu haben, Neues zu wagen, so ein Gefühl würde ich gerne in der Stadt initiieren. Bei der Pontonbrücke in Dahlhausen beispielsweise haben sich Politik und Verwaltung schon ganz, ganz viele Gedanken gemacht. Doch jetzt brauchen wir Ideenimpulse von außen, ob es nicht eine noch klügere Lösung gibt. Wenn der Bürger Ideen hat, immer her damit.
Die Bürger sind das eine, die Verwaltung das andere. Wie nehmen Sie die knapp 5.000 städtischen Angestellten mit?
Meine Wahrnehmung ist, dass es in der Verwaltung eine große Offenheit gibt. Ich gehe sehr direkt auf die Menschen im Haus zu, das teilt sich in der Verwaltung untereinander mit.
Wie bekommt der Bürger die Veränderungen in der Verwaltung mit?
Es wird so sein, dass Verwaltungsabläufe besser werden und gleichzeitig der Bürgerservice erhöht wird. Ein Beispiel ist ‚E-Government‘, die verstärkte Nutzung digitaler Techniken. Bürger sollen mit der Stadt mehr online Kontakt aufnehmen können. Online Anträge ausfüllen oder Gebühren bezahlen zum Beispiel. Das kann auch am Wochenende oder außerhalb der Arbeitszeiten geschehen. Darüber hinaus wird es weiterhin die Möglichkeit geben, persönlich zu erscheinen und sich beraten zu lassen.
Müssen Bürgerbüros dafür personell aufgestockt werden?
Neben dem Service, den die Bürgerbüros bieten, soll der Onlinebereich stärker angeboten werden. Beides zusammen wird eine Win-win-Situation. Dafür benötigen wir nicht mehr Personal.
Im Wahlkampf waren Sie der Kandidat zum Anfassen, sind Sie auch ein Oberbürgermeister zum Anfassen?
Ich gehe raus zu den Menschen. Das habe ich schon immer gemacht und es wird so bleiben. Ich lade die Menschen auch zu mir ein, weil das Rathaus das Haus der Bürgerinnen und Bürger ist und nicht nur der Verwaltung. Aber ich hoffe, dass es bei vielen auch das Gespür gibt, wann Situationen mal privat sind – denn ich bin auch Bürger dieser Stadt.
Fühlt sich die Osttribüne im Stadion, auf der Sie die Heimspiele des VfL Bochum verfolgen, als Oberbürgermeister anders an?
Eigentlich nicht. Ich stehe seit Jahren immer noch mit denselben Leuten sehr gerne dort. Es wird bestimmt Spiele geben, bei denen man Gäste empfängt und in den VIP-Bereich geht, aber mein Standort bleibt die Osttribüne. Ich gehe da ja nicht als OB hin, sondern als Fan. Dem VfL habe ich schon zugesagt (lacht), dass der Rathaus-Balkon für die Mannschaft am 22. Mai (Anm. d. Red.: Tag nach dem DFB-Pokalfinale) reserviert ist…