Von der Elfe bis zur Magd

Bei Schneiderin Eva Zenger haben Zeiten keine Grenzen
„Ich war noch nie der Typ für 08/15. Ich will etwas Besonderes machen“, sagt die 27-jährige Eva Zenger. Und so ist auch ihr kleiner Laden mit dem wohlklingenden Namen „Gewandschneiderei Viando Vilia“ an der Lindener Straße von außen schon ein Blickfang. Die Mode, die dort im Schaufenster hängt, ist wahrlich extravagant. Mittelalterliche Gewandungen, prachtvolle viktorianische Kleider oder ausgefallene Fantasybekleidung gibt es zu sehen und zu kaufen. Alles „handmade in Linden“.
Das kleine Nähzimmer hinter dem Verkaufsraum ist der eigentliche Arbeitsplatz von Zenger. Hier entstehen die Kleider nach eigenen Entwürfen oder passgenau nach Kundenwünschen. Zwischen Schnittmustern, unzähligen Garnen und hochwertigen Stoffen werden textile Träume Wirklichkeit – auch wenn sie noch so ausgefallen sind. „Normal kann ja jeder“, sagt die gelernte Maßschneiderin, die so gar nichts von Mainstream-Mode hält und sich deshalb den unterschiedlichen Epochen der Weltgeschichte verschrieben hat. Von ungefähr kommt das nicht. „Ich bin da familiär vorbelastet“, verrät sie, „schon als Kind war ich mit meinen Eltern viel auf Mittelaltermärkten unterwegs. Ich bin quasi im Mittelalter aufgewachsen.“ Privat ist Zenger leidenschaftliche LARPerin. Bei diesem Rollenspiel schlüpfen die Leute in unterschiedliche Fantasy-Charaktere und verkörpern diese auch im Rahmen von entsprechenden Veranstaltungen. „Für eine gewisse Zeit in einen anderen Charakter zu schlüpfen, ist wie Abenteuerurlaub“, schwärmt Zenger.
Auch Cosplayer, die sich als japanische Manga-Figuren verkleiden, Mittelalterfans und Steampunker zählen zum Kundenkreis. „Der Steampunk liegt voll im Trend. Die Kleider sind angelehnt an die viktorianische Mode und die finde ich ganz herrlich. Prachtvolle Stoffe, viele Rüschen, enge Korsetts, lange Röcke und Verzierungen“, schwärmt die Fachfrau und präsentiert ihr Lieblingsstück. Fünf Tage hat sie daran genäht. Und irgendwie hat man beim Betrachten fast das Gefühl, in einem Roman zu sitzen. Eine textile Zeitreise durch Epochen und Fantasiewelten. An der Lindener Straße ist das möglich.