Aller Anfang ist schwer

Aber nicht unmöglich - Ehrenamtliche geben Flüchtlingen Deutschunterricht - Auch „Oma Berti“ dabei
Dies ist eine kleine Geschichte über Menschen aus aller Welt, über die deutsche Sprache und unsere Oma Berti, alias Gabriele Brinkmann, die eine von vielen fleißigen Helfern im Flüchtlingshilfenetzwerk Südwest ist.
Das Bundesverdienstkreuz, das hätten sie alle verdient, findet Oma Berti. Denn ohne die vielen, vielen Ehrenamtler würde derzeit in Deutschland nicht viel laufen. „Wenn et die nich gäb, dann würd die Merkel aber schön blöd ausse Wäsche gucken“, sagt Oma Berti. Deshalb sollen diese Zeilen auch ein Dankeschön an die Leute sein, die sich kümmern.
In einem kleinen Raum prallt die halbe Welt aufeinander. Menschen aus Syrien, Pakistan, Angola, Afghanistan und Ghana sitzen zusammen in den Räumen der Arche an der Hilligenstraße und sie lachen. Hefte werden herausgekramt, Schokoriegel verteilt. Über jeden, der an diesem Abend den Raum betreten hat, haben sich die sechs Helfer gefreut. Nie weiß man, wer auftaucht, jederzeit können die Menschen an andere Orte „verlegt“ werden. Das „Zuhause“ in der Sporthalle an der Lewacker Straße ist schließlich nur ein Provisorium.
Alle wollen Deutsch lernen, der Schlüssel in ein neues Leben. Manche kommen mehrmals wöchentlich.
Gabriele Brinkmann hat als Autorin einen besonderen Bezug zur deutschen Sprache, eher noch zum Ruhrgebietsplatt, in dem sie monatlich ihre Kolumne als Oma Berti für VorOrt schreibt. „Aber hier geht es ja um Hochdeutsch“, sagt sie. Statt nur Grammatik zu pauken, widmet man sich in der Arche dem Alltag der Menschen. Wie stelle ich mich vor, wie gehe ich ans Telefon, wie zum Arzt oder wie lese ich die Uhr?
Pensionierte Lehrerinnen wie Ingrid Arndt und Margrit Davoodi schmeißen den Unterricht gemeinsam mit anderen Ehrenamtlern, die zwar keine pädagogische Ausbildung, aber trotzdem Spaß am Lehren haben. Kennt einer der Schüler die richtige Antwort, kann er sie kaum für sich behalten, und so entsteht ein munteres in den Raum Hineinrufen.
Es ist oder ist es? Zwei Wörter, die je nach Reihenfolge in einem Satz etwas ganz anderes ausdrücken. Tatsache oder Frage? Die drei jungen Männer aus Pakistan schlagen sich gerade mit dieser Problematik rum. Ist es 15.30 Uhr? Daria Kraft müht sich, den Unterschied zu erklären. Die Pastorin der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde koordiniert die Helfer. „Wir können keine Konkurrenz zur VHS sein“, sagt Kraft, „wir bieten sprachbegleitenden Unterricht an.“
Zwischen den Pakistanern und der syrischen Familie sitzt Oma Berti, scherzt mit Alireza und seinem Freund aus Kabul in Afghanistan. Die 18- und 19-Jährigen kommen regelmäßig von der Lewackerstraße zum Unterricht und sind echte Streber. Oma Berti freut’s, genau deshalb ist sie dabei. „Helfen is doch dat normaalste vonne Welt. Et müssen nich immer Milljonen sein. Bissken Zeit und guten Willen tut et auch. Und wat „bissitage“ bedeutet, lernen die bei mir als erstes.“