Im Märzen der Bauer...
Kartoffeln made in (Alten)Bochum – Wilhelm Wiesmann ist als Landwirt groß geworden
Endlich kann es wieder losgehen. Die Pflanzzeit steht bevor. Jetzt muss nur noch der beste Zeitpunkt abgepasst werden. Das weiß auch Wilhelm Wiesmann, Bochums einziger Kartoffelbauer.
Vor zwölf Jahren ist Wiesmann wieder in die Kartoffel-Produktion eingestiegen – nach vier Jahrzehnten Pause. „Wir haben in Bochum die besten Voraussetzungen“, sagt er. Grund sei unter anderem der hohe Mineralstoffgehalt im Boden. „Dadurch schmecken unsere Kartoffeln ganz besonders gut.“
Das müssen wohl auch schon die ersten Siedler gedacht haben, als sie sich in Havkenscheid niedergelassen haben. Ihre Geschichte lässt sich bis ins 9. Jahrhundert zurückverfolgen.
Ganz so alt ist der Wiesmannsche Hof, der in seiner wechselvollen Geschichte mal zu Altenbochum und mal zu Laer gehört hat, zwar nicht. Auf das Jahr 1642 geht er aber auch schon zurück. „Gott ist der das Vermögen schafft das Gute zu vollbringen - Er gibt zur Arbeit uns die Kraft und laeszt sie uns gelingen“, ist in einen alten Balken geritzt. Daneben hängt noch immer die inzwischen angerostete Plakette der Provinzial-Feuerversicherung, die früher an jedem Bauernhaus zu sehen war.
Wiesmann war elf, als er den Hof geerbt hat. Vom Vater zum ältesten Sohn: So war es schon seit Generationen. Für seine Mutter muss es eine harte Zeit gewesen sein. Mit Mägden und Knechten hat sie den Betrieb aufrecht gehalten – ihr Sohn musste natürlich mit anpacken. Auch später noch, als er zur Uni ging. Die Schweinemast hat ihm das Studium finanziert, das er als Diplom-Ingenieur für Maschinenbau abgeschlossen hat.
Inzwischen betreibt der heute 61-Jährige die Landwirtschaft zwar nur noch im Nebenerwerb, dafür aber mit Herzblut.
Statt Kühen und Schweinen gibt es heute Kartoffeln. Sie lagern in großen Holzkisten in einer völlig abgedunkelten Scheune. Die Temperatur beträgt konstant 4,5 Grad. So halten sie sich am besten. „Unsere Kartoffeln sind naturbelassen“, sagt Wiesmann. Es gibt keine Entkeimungsmittel und auch keine Begasung mit Kohlendioxid. „Der Geschmack soll schließlich nicht beeinflusst werden.“
Bis die Kartoffel auf dem Teller liegt, ist es allerdings ein langer Weg. Und man glaubt gar nicht, was alles schief gehen kann. Es fängt schon bei der Pflanzzeit an. Im März? Oder doch lieber im April? Oder erst Anfang Mai? Auf jeden Fall darf es keinen Frost mehr geben. Und zu viel Regen ist auch nicht gut. „Der Kartoffelanbau ist eine echte Philosophie“, sagt Wiesmann.
Die Wachstumszeit variiert je nach Sorte und Witterung zwischen 90 und 110 Tagen. Heißer als 27 Grad sollte es allerdings auch nicht werden. Dann stagniert das Wachstum.
Wenn es dann endlich soweit ist, müssen alle mit anpacken. Jedes Jahr werden rund um Altenbochum rund fünf Hektar Kartoffeln ausgemacht. Das dauert zwar nur ein bis zwei Tage, dafür werden aber rund zehn Personen benötigt. Was natürlich immer noch kein Vergleich zu früher ist, als die Kartoffeln noch per Hand aufgelesen werden mussten. Nach der Ernte werden sie zum Trocknen in den Wind gestellt, dann behutsam abgekühlt.
Wer die Kartoffeln made in (Alten)Bochum einmal selbst probieren möchte - kein Problem: Verkauft werden sie praktisch gleich vor der Tür. In den Filialen von Rewe-Lenk und samstags auch am Werner Hellweg (Nähe der A43). Ob er denn auch selbst noch Kartoffeln isst? „Jeden Tag“, sagt Wiesmann und lacht.